Predictive Planning im Rahmen eines TBM-Kalkulationsmodells – Operative Perspektiven und Potenziale

In einer zuneh­mend dyna­mi­schen IT-Land­schaft reicht es nicht mehr aus, ver­gan­gen­heits­ori­en­tiert zu pla­nen oder sich auf star­re Bud­get­rah­men zu ver­las­sen. IT-Orga­ni­sa­tio­nen ste­hen unter dem Druck, ihre Leis­tun­gen kos­ten­ef­fi­zi­ent, agil und zugleich vor­aus­schau­end zu erbrin­gen. Beson­ders im Rah­men des Tech­no­lo­gy Busi­ness Manage­ment (TBM) hat sich die Not­wen­dig­keit eta­bliert, nicht nur Ist- und Plan­da­ten trans­pa­rent abzu­bil­den, son­dern auch zukünf­ti­ge Ent­wick­lun­gen intel­li­gent vor­aus­zu­den­ken. Hier tritt Pre­dic­ti­ve Plan­ning auf die Büh­ne – eine Metho­de, die ope­ra­ti­ve Steue­rung durch daten­ge­stütz­te Vor­aus­schau auf eine neue Ebe­ne hebt.

Vom statischen zum dynamischen Planungsmodell

Tra­di­tio­nel­le Pla­nungs­an­sät­ze fol­gen meist einem Top-Down-Prin­zip: Bud­gets wer­den jähr­lich defi­niert, auf IT-Tower und Ser­vices ver­teilt, und die ope­ra­ti­ve Umset­zung hat sich dar­an zu ori­en­tie­ren. Die­ses Vor­ge­hen ist in sich geschlos­sen, aber in einem Umfeld per­ma­nen­ter tech­no­lo­gi­scher Wei­ter­ent­wick­lung unzu­rei­chend. Pre­dic­ti­ve Plan­ning durch­bricht die­se Starr­heit. Statt fes­ter Annah­men basiert die Pla­nung hier auf moder­nen Daten­ana­ly­se­ver­fah­ren – meist gestützt durch maschi­nel­les Ler­nen –, die auf his­to­ri­schen Daten, sai­so­na­len Schwan­kun­gen, Markt­trends und tech­ni­schen Para­me­tern beru­hen. Dadurch ent­steht ein dyna­mi­sches, kon­ti­nu­ier­lich ler­nen­des Modell.

Im TBM-Umfeld bie­tet das einen kla­ren Vor­teil: Da ohne­hin zahl­rei­che ope­ra­ti­ve Daten aus Kos­ten­stel­len, CMDBs, Nut­zungs­sta­tis­ti­ken und Buchungs­sys­te­men inte­griert wer­den, besteht bereits eine soli­de Daten­ba­sis. Pre­dic­ti­ve Plan­ning kann auf die­sen Daten auf­set­zen und die bis­he­ri­gen TBM-Kal­ku­la­ti­ons­mo­del­le um eine vor­aus­schau­en­de Dimen­si­on erwei­tern.

Integration in das TBM-Kalkulationsmodell

Das TBM-Kal­ku­la­ti­ons­mo­dell struk­tu­riert Kos­ten ent­lang defi­nier­ter Cost Pools (z. B. Hard­ware, Soft­ware, Per­so­nal, Faci­li­ties) und IT-Tower (z. B. Com­pu­te, Sto­rage, Net­work). Dar­aus lei­tet es Ser­vice­kos­ten und Prei­se ab. Pre­dic­ti­ve Plan­ning inte­griert sich ide­al an meh­re­ren Stel­len:

  • Auf Cost-Pool-Ebe­ne kön­nen his­to­ri­sche Kos­ten­trends, Infla­ti­ons­ra­ten, Ener­gie­prei­se oder Life­cy­cle-Kenn­zah­len genutzt wer­den, um z. B. die zukünf­ti­ge Ent­wick­lung von Hard­ware­kos­ten vor­her­zu­sa­gen.
  • Auf IT-Tower-Ebe­ne las­sen sich Nut­zungs­trends erken­nen, z. B. wenn sich der Spei­cher­be­darf in einem bestimm­ten Bereich alle sechs Mona­te ver­dop­pelt. Das ermög­licht früh­zei­ti­ge Kapa­zi­täts­pla­nun­gen.
  • Auf Ser­vice-Ebe­ne kön­nen User-Wachs­tum, ver­än­der­te SLAs oder Pro­jekt­port­fo­li­os als Ein­gangs­grö­ßen die­nen, um die Kos­ten­ent­wick­lung ein­zel­ner Ser­vices oder Kun­den­be­zie­hun­gen vor­aus­zu­pla­nen.

Ein zen­tra­les ope­ra­ti­ves Ziel ist dabei, die Ser­vice­kos­ten­trans­pa­renz nicht nur rück­bli­ckend, son­dern auch pro­gnos­tisch her­zu­stel­len – idea­ler­wei­se rol­lie­rend und in Echt­zeit aktua­li­siert.

Operative Vorteile: Handlungsspielräume schaffen

Ein ent­schei­den­der Mehr­wert von Pre­dic­ti­ve Plan­ning ist die Schaf­fung ope­ra­ti­ver Hand­lungs­spiel­räu­me. Wäh­rend klas­si­sche Fore­casts oft kurz­fris­tig wir­ken und auf Annah­men basie­ren, las­sen sich mit einem daten­ge­trie­be­nen Modell kon­kre­te ope­ra­ti­ve Ent­schei­dun­gen vor­be­rei­ten.

Bei­spiels­wei­se:

  • Ein Anstieg der Back­up-Daten­men­gen wird früh­zei­tig erkannt – dadurch kann recht­zei­tig auf güns­ti­ge­re Spei­cher­lös­un­gen migriert oder dedu­pli­zie­ren­de Tech­no­lo­gien ein­ge­plant wer­den.
  • Ein pro­gnos­ti­zier­ter Anstieg der Ser­vice-Nut­zung durch eine Mar­ke­ting­kam­pa­gne lässt sich mone­tär bezif­fern – das IT-Bud­get für das betrof­fe­ne Quar­tal kann ange­passt wer­den.
  • Bei abseh­ba­ren Per­so­nal­eng­päs­sen im Appli­ka­ti­ons­be­trieb kann ein Out­sour­cing-Ange­bot simu­liert und ggf. vor­be­rei­tet wer­den – basie­rend auf rea­len Leis­tungs­da­ten.

Pre­dic­ti­ve Plan­ning wirkt damit nicht wie eine Kris­tall­ku­gel, son­dern wie ein stra­te­gi­sches Navi­ga­ti­ons­in­stru­ment für das ope­ra­ti­ve IT-Finanz­ma­nage­ment.

Voraussetzungen: Datenqualität, Prozessdisziplin und Feedbackschleifen

Damit ein Pre­dic­ti­ve-Ansatz im TBM-Kon­text erfolg­reich sein kann, braucht es eini­ge grund­le­gen­de Vor­aus­set­zun­gen:

  • Hohe Daten­qua­li­tät: Die Basis­da­ten müs­sen kor­rekt, voll­stän­dig und zeit­nah ver­füg­bar sein. Dazu zäh­len nicht nur Buchun­gen, son­dern auch tech­ni­sche Nut­zungs­da­ten (Moni­to­ring, CMDB, Ticket­sys­te­me etc.). Feh­ler­haf­te oder ver­al­te­te Daten ver­zer­ren jede Pro­gno­se.
  • Stan­dar­di­sier­te Pro­zes­se: Die Abläu­fe zur Erfas­sung und Ver­ar­bei­tung der Daten müs­sen nach­voll­zieh­bar und auto­ma­ti­siert sein. Je weni­ger manu­el­le Ein­grif­fe nötig sind, des­to robus­ter das Modell.
  • Kon­ti­nu­ier­li­che Feed­back­schlei­fen: Der größ­te Feind jeder Vor­her­sa­ge ist die Rea­li­tät – die sich immer ändern kann. Daher ist es wich­tig, die Vor­her­sa­gen regel­mä­ßig mit den tat­säch­li­chen Ent­wick­lun­gen abzu­glei­chen und das Modell ite­ra­tiv zu ver­bes­sern.

Aus ope­ra­ti­ver Sicht bedeu­tet das auch, dass IT-Con­trol­ler, Ser­vice­ver­ant­wort­li­che und tech­ni­sche Exper­ten eng zusam­men­ar­bei­ten müs­sen. Die Inter­pre­ta­ti­on von Vor­her­sa­gen darf nicht iso­liert im Con­trol­ling erfol­gen, son­dern muss im ope­ra­ti­ven Kon­text über­prüft und dis­ku­tiert wer­den.

Praktische Einsatzszenarien

Eini­ge typi­sche ope­ra­ti­ve Anwen­dungs­fäl­le für Pre­dic­ti­ve Plan­ning inner­halb eines TBM-Modells:

  • Kapa­zi­täts­pla­nung für Cloud-Res­sour­cen: Wenn bestimm­te Appli­ka­tio­nen einen sai­so­na­len Last­an­stieg auf­wei­sen, kann die­ser früh­zei­tig ein­kal­ku­liert wer­den – inklu­si­ve Reser­vie­rung güns­ti­ge­rer Cloud-Kapa­zi­tä­ten (z. B. Reser­ved Ins­tances oder Savings Plans).
  • War­tungs­kos­ten im Life­cy­cle-Manage­ment: Wenn Gerä­te altern, steigt das Aus­fall­ri­si­ko – pre­dic­ti­ve Model­le kön­nen anhand der Nut­zungs­in­ten­si­tät und Gerä­te­al­ter die opti­ma­le Aus­tausch­zeit bestim­men und die­se Kos­ten vor­weg­neh­men.
  • Ver­än­de­run­gen durch Pro­jek­te oder M&A‑Aktivitäten: Wenn durch ein neu­es Pro­dukt eine star­ke Zunah­me von IT-Ser­vices erwar­tet wird, kann das Modell simu­lie­ren, wel­che IT-Tower beson­ders betrof­fen sind und wie hoch die Mehr­kos­ten pro Quar­tal wären.
  • Pre­dic­ti­ve Char­ge­back: Für inter­ne Leis­tungs­ver­rech­nun­gen kann die Vor­her­sa­ge zukünf­ti­ger Inan­spruch­nah­me genutzt wer­den, um vor­ab Bud­gets oder Ser­vice­prei­se mit den Fach­be­rei­chen zu ver­ein­ba­ren – das redu­ziert Rei­bun­gen und schafft Trans­pa­renz.
Predictive Planning - old school

Operative Herausforderungen und Lösungsansätze

Pre­dic­ti­ve Plan­ning ist kein Selbst­läu­fer. Aus ope­ra­ti­ver Sicht sind beson­ders fol­gen­de Her­aus­for­de­run­gen rele­vant:

  • Skep­sis gegen­über auto­ma­ti­sier­ten Pro­gno­sen: Vie­le Fach­be­rei­che bevor­zu­gen greif­ba­re Zah­len aus dem letz­ten Quar­tal statt algo­rith­mi­scher Vor­her­sa­gen. Hier hilft Trans­pa­renz – z. B. durch Visua­li­sie­run­gen, Ver­gleichs­wer­te und ein­fa­che Was-wäre-wenn-Sze­na­ri­en.
  • Tech­no­lo­gi­scher Rei­fe­grad der Orga­ni­sa­ti­on: Pre­dic­ti­ve Plan­ning erfor­dert eine gewis­se Daten­in­fra­struk­tur – ETL-Stre­cken, Daten­platt­for­men, Report­ing-Tools. Ohne die­se Basis lässt sich das Modell nicht umset­zen. Hier ist ein schritt­wei­ser Aus­bau oft ziel­füh­ren­der als ein Big Bang.
  • Ände­run­gen im Nut­zer­ver­hal­ten: Ins­be­son­de­re bei End­nut­zer-ori­en­tier­ten Ser­vices (z. B. Col­la­bo­ra­ti­on-Tools) kann sich das Nut­zungs­ver­hal­ten durch exter­ne Fak­to­ren schlag­ar­tig ändern. Das Modell muss die­se Vola­ti­li­tät abbil­den kön­nen – durch kon­ti­nu­ier­li­ches Ler­nen und Anpas­sung der Para­me­ter.

Ein Lösungs­an­satz besteht dar­in, das Pre­dic­ti­ve Plan­ning zunächst in einem Teil­be­reich (z. B. Sto­rage oder Net­work) pilot­ar­tig zu eta­blie­ren. So las­sen sich ers­te Erfah­run­gen sam­meln, ohne das gesam­te TBM-Modell zu ris­kie­ren. Gleich­zei­tig soll­te früh­zei­tig ein Dia­log mit den Fach­be­rei­chen eta­bliert wer­den, um Ver­trau­en in das Modell auf­zu­bau­en.

Zukunftsperspektive: Predictive Planning als Standard im TBM

Aus ope­ra­ti­ver Sicht ist klar: Pre­dic­ti­ve Plan­ning wird mit­tel­fris­tig zu einem Best Prac­ti­ce im IT Finan­cial Manage­ment. Wer sei­ne Kos­ten nicht nur kennt, son­dern auch anti­zi­pie­ren kann, wird gegen­über Wett­be­wer­bern einen kla­ren Vor­teil haben – sei es durch bes­se­re Bud­get­treue, effi­zi­en­te­ren Res­sour­cen­ein­satz oder höhe­re Zufrie­den­heit bei inter­nen Kun­den.

Im TBM-Kon­text bie­tet Pre­dic­ti­ve Plan­ning die Chan­ce, das Modell nicht nur retro­spek­tiv zu betrei­ben, son­dern zukunfts­ge­rich­tet zu erwei­tern. Die Inte­gra­ti­on in Dash­boards, Reports und Ent­schei­dungs­pro­zes­se ist dabei ent­schei­dend. Ope­ra­tiv bedeu­tet das auch, dass IT-Con­trol­ler sich stär­ker in Rich­tung Data Ana­lysts ent­wi­ckeln – mit einem tie­fen Ver­ständ­nis für die eige­nen Daten, die Zusam­men­hän­ge zwi­schen Tech­nik und Kos­ten und die rich­ti­ge Inter­pre­ta­ti­on von Trends.

Fazit: Operative Steuerung braucht Voraussicht

Pre­dic­ti­ve Plan­ning ist mehr als ein neu­es Buz­zword im Finanz­ma­nage­ment. Im Rah­men eines TBM-Kal­ku­la­ti­ons­mo­dells bie­tet es eine greif­ba­re, pra­xis­na­he Mög­lich­keit, ope­ra­ti­ve Ent­schei­dun­gen auf Basis fun­dier­ter Daten zu tref­fen – nicht nur im Rück­blick, son­dern mit Blick nach vorn. Es unter­stützt IT-Orga­ni­sa­tio­nen dabei, pro­ak­tiv zu han­deln, stra­te­gi­sche Initia­ti­ven bes­ser zu pla­nen und intern wie extern belast­ba­re Aus­sa­gen über die IT-Kos­ten­ent­wick­lung zu tref­fen.

Gera­de für ope­ra­ti­ve Ein­hei­ten ist Pre­dic­ti­ve Plan­ning kein Zukunfts­the­ma – son­dern eine moder­ne Ant­wort auf eine immer vola­ti­le­re Gegen­wart. Wer heu­te die Daten­ba­sis schafft, legt den Grund­stein für eine vor­aus­schau­en­de, effi­zien­te und agi­le IT-Steue­rung von mor­gen.